Wie kann das zusammenhängen?

„Was man zu verstehen gelernt hat, fürchtet man nicht mehr“ (Marie Curie)

Du kennst es vielleicht auch. Du sitzt bei einer Tasse Tee oder Kaffee und plötzlich kommt ein sehr beklemmendes Gefühl über Dich. Wie aus dem Nichts fühlst Du Dich auf einmal seltsam, Dein Herz beginnt zu rasen, Deine Hände fangen vielleicht an zu schwitzen, Du hast das Gefühl in Dir wird es ganz heiß, Du hast das Gefühl, dass jeden Moment etwas Schlimmes passiert, ein Herzinfarkt, ein Zusammenbruch, ein Schlaganfall. Vielleicht hast Du auch das Gefühl, dass Du Dich von Dir selbst distanzierst, Dich in Deiner Umgebung irgendwie falsch fühlst, es kribbelt in Deinem Körper, Dein Hals schnürt sich zu, Du fühlst Dich mit einem Mal ganz seltsam und bekommst Angst. Dieses Gefühl ist ziemlich mächtig. Die Spirale beginnt. Du hörst noch mehr in Dich rein, nimmst jedes einzelne Zeichen Deines Körpers wahr, und das Horrorszenario beginnt in Deinem Kopf. Du hast all diese Symptome wirklich und Du denkst, dass Dein Körper in jedem Moment komplett versagt. Man nennt das Hypervigilanz. Es ist eine übersteigerte nicht mehr physiologische oder „gesunde“ Aufmerksamkeit.

Menschen, die bereits eine Panikattacke erlebt haben, beschreiben es so, oder so ähnlich. Meist kommen diese Attacken in Ruhephasen, am Wochenende oder im Urlaub und hinterlassen die Person, die das gerade erlebt noch verunsicherter, denn rational betrachtet, gibt es in solchen Momenten gar keinen Anlass für solche Entgleisungen.

Was hat das alles mit chronischen Schmerzen zu tun?

Beim chronischen Schmerz ist Dein Körperwarnsystem extrem sensibel. Also auch extrem aufmerksam. Das Körperwarnsystem besteht aus Nervenfasern, die auf chemische, mechanische und thermische Reize reagieren. Einen weiteren Part in diesem System übernimmt Dein Rückenmark und Dein Gehirn. Bei chronischen Schmerzen ist dieses System sagen wir „Hyperaktiv“ oder „Hypersensibel“. Und weil das so ist, befeuern auch andere Nervenbahnen irgendwann Dein Körperwarnsystem. So kann es passieren, dass schon kleinste Berührungen zu Schmerzen führen. Deine Nerven nehmen sämtliche Informationen aus Deinem Körper auf, egal welche und Dein Gehirn formiert aus all diesen Informationen ein Resultat und das heißt „Gefahr“. Dein Gehirn will Dich schützen und daher wird es immer besser darin, auch die kleinsten Informationen aus Deinem Körper wahrzunehmen. Im schlimmsten Falle reichen schon einfache Gedanken aus, um Dein Alarmsystem zu aktivieren.

Bei Angst und Panikattacken ist es ähnlich. Auch Panikattacken sind nur eine Antwort Deines Körperwarnsystems. Auch wenn Du alle Symptome, wie Herzrasen, erhöhten Blutdruck, Wärme-Kälte-Gefühl im Wechsel, Kribbeln in den Händen, Füßen oder im Gesicht, das Gefühl von Ohnmacht, etc., real wahrnimmst, so ist das alles nur eine Antwort Deines Körperwarnsystems auf gewisse Reize, die aus Deinem Körper als Informationen in Deinem Gehirn ankommen. Das Problem dabei ist, dass es Betroffenen während einer Panikattacke nicht bewusst ist, dass es „nur“ eine Panikattacke und kein lebensbedrohliches Ereignis ist. Gar nicht selten rufen Betroffene dann den Notarzt, oder lassen sich in ein Krankenhaus bringen, nur um dort festzustellen, dass die Symptome vielleicht genauso , wie sie gekommen sind, plötzlich weg sind, oder spätestens dann, wenn man nach eingehenden Untersuchungen gesagt bekommt, dass körperlich alles okay ist. Dennoch sind die Symptome real und man hat ja gespürt, dass etwas nicht stimmt. Also lässt man es vielleicht noch weiter von anderen Ärzt*innen abklären. Nichts wird gefunden und so steht man alleine da und verliert vielleicht sogar das Vertrauen in die Medizin. ( Versteh das nicht falsch: Bitte kontaktiere zu jedem Zeitpunkt den Notruf, wenn Du das Gefühl hast, es könnte etwas Lebensbedrohliches sein!)

Das stellt für Betroffene eine immens große Belastung dar. Nicht selten entwickeln sich dadurch depressive Verstimmungen oder Depressionen, die bis hin zu kompletter sozialer Isolation reichen. Hier ist es hilfreich, sich psychologisch beraten und behandeln zu lassen. (Direkte Hilfe gibt es unter: www.krisenchat.de)

Panikattacken sind behandelbar, ebenso wie chronische Schmerzen. Man muss nur verstehen, wie es dazu kommen kann.

Viele denken, dass man immer wieder Panikattacken bekommt, wenn man sie einmal hatte. Ebenso denken viele, dass chronische Schmerzen nicht behandelbar sind. In beiden Fällen kann ich sagen, dass das nicht stimmt.

Ich selbst stand an dem Punkt, dass Panikattacken mein Leben und meinen Alltag für eine lange Zeit beherrschten. Mittlerweile ist das nicht mehr so, und ich kann sagen, dass ich meine Panikattacken losgeworden bin. Ebenso habe ich in meiner Berufslaufbahn viele Menschen auf ihrem Weg aus den chronischen Schmerzen heraus begleiten dürfen. Und auch für Dich gibt es sicher Wege. Wichtig ist, dass Du weißt, wie Dein Körper funktioniert, was Dein Alarmsystem getriggert hat, oder immer wieder triggert und wie Du für Dich realistische Wege gehen kannst, um Dein Alarmsystem wieder auf Normalbetrieb zu programmieren.

Dir muss bewusst werden, dass Angst und Panik lediglich eine biochemische Reaktion Deines Körpers ist, die durch unterschiedliche Faktoren ausgelöst werden kann. Ein psychologisches Gespräch kann Dir dabei helfen.

Schmerzen, Angst und Panikattacken befeuern sich gegenseitig. So kann eine Panikattacke dazu führen, dass Du das Vertrauen in Deinen Körper verlierst. Vielleicht hast Du während einer Panikattacke das Gefühl gehabt, dass Dein Rücken extrem schmerzte. Dein Körperwarnsystem, das auch eng mit Deinen eigenen Gedanken über solche Situationen zusammenarbeitet, entscheidet, dass Dein Rücken geschützt werden muss. Du beginnst also Bewegungen zu vermeiden, Du möchtest vermeiden, dass dieser Schmerz nochmal auftritt, also verhältst Du Dich plötzlich anders als üblich. Der Kreislauf beginnt und irgendwann greift ein Rädchen ins nächste. Genauso kann es aber auch andersrum sein. Du hattest vielleicht eine Verletzung oder ein traumatisches Erlebnis. Dein Alarmsystem entscheidet, Dich zu schützen und sendet Dir weiterhin Schmerzen, obwohl dies nach der Heilungsphase gar nicht mehr nötig ist. Dein Schmerz hat sich aber verselbständigt und Du tust auch hier alles dafür, dass der Schmerz nicht wieder kommt. Kommt er doch, und das tut er in dem Falle einer übersteigerten Wachsamkeit, macht es Dir Angst.

Alle die Abläufe, die ich Dir jetzt genannt hab, kann man mit der Überschrift „Stress“ zusammenfassen. Stress ist nicht immer nur das, was man offensichtlich benennen kann. Stress passiert auf biochemischer Weise in Deinem Körper und die Auslöser hierfür können von Mensch zu Mensch komplett verschieden sein.

Solltest Du unter Angst und Panikstörungen leiden, begib Dich bitte in die Hände guter Therapeut*innen, mach da nichts mit Dir selbst aus. Es ist definitiv behandel- und heilbar!

Ein persönlicher Tipp von mir zum Thema Panikstörungen, der mir sehr gut geholfen hat:

www.panikattacken-loswerden.de